Ernaehrung in Tirol – einige Aspekte

 

Schritt 1: Zusammenhänge erkennen

Es ist nicht egal, wie wir uns ernähren. Was wir einkaufen und was wir essen, hat Einfluss: auf regionale und globale Strukturen, auf Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft – und auf unsere Gesundheit. Was bringt eine nachhaltige Ernährung

Sich nachhaltig ernähren schont die Umwelt

UNO und Weltklimarat IPCC sind sich einig darin, dass die Aktivitäten der reichen Industrieländer verändernd auf die Umwelt wirken [1,2,3]. Unser gesamter Lebensstil – auch unsere Ernährungsweise – sollte daher so gestaltet werden, dass wir diese Entwicklungen nicht weiter verschärfen und den Trend möglichst umkehren:

  • zunehmende Schadstoffbelastung der Umwelt
  • vermehrte Treibhausgas-Emissionen und steigende Temperaturen
  • Zerstörung der Ozonschicht
  • globaler Klimawandel
  • Waldsterben und Waldschwund durch Abholzung
  • Bodenzerstörung durch Erosion, Verdichtung, Versalzung
  • Wasserknappheit und Wassermangel
  • Artenschwund bei Pflanzen und Tieren, Überfischung der Meere
  • Veränderungen der Kulturlandschaft

Ein nachhaltiger Ernährungsstil trägt dazu bei, die Umwelt zu schonen.

Weltweit betrachtet präsentiert sich die Gesundheitssituation in zwei Gewändern. In Entwicklungsländern herrscht Unternährung infolge von Armut und Nahrungsmangel, vielfach mit Todesfolge.

In Industrieländern werden dagegen immer mehr tierische Lebensmittel und stark verarbeitete Erzeugnisse verzehrt. Die Folge: Überernährung, Bewegungsmangel und gesundheitliche Probleme [5] wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen und andere.

Nachhaltige Ernährung stützt sich auf eine pflanzenbetonte Mischkost mit frischen, überwiegend gering verarbeiteten Lebensmitteln. Solch eine ausgewogene Ernährung fördert Gesundheit und Genuss.

 

 

Schritt 2: Wir haben die Wahl

Etwa 20 % des CO2-Ausstoßes hängen an der Ernährung. Unsere täglichen Verzehrgewohnheiten könnten diesen Anteil reduzieren. Wie geht es konkret, sich gesundheitsförderlich, sozialverträglich und umweltfreundlich zu ernähren.

Unsere Ernährung trägt mit etwa 20 % zum gesamten Treibhausgas-Ausstoß bei. Etwa die Hälfte davon (10 % absolut) stammt aus der landwirtschaftlichen Erzeugung. Hiervon wiederum 85 % allein aus der Produktion tierischer Erzeugnisse [3]. Weniger Fleisch und Wurst zu konsumieren, kann den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren.

Die Welternährung sichern

Nachhaltige Ernährung setzt bei der Lebensmittelauswahl auf Regionalität, gute Qualität und einen fairen Preis. Ackerflächen stehen für die Welternährung nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Da tierische Produkte mehr Flächen benötigen bei gleichem Kalorienangebot wie pflanzliche Produkte, sichert eine pflanzenbetonte Mischkost eher die Welternährung als fleischbetonte Kost. Dennoch hat auch die Weidehaltung auf Grünland ihre Berechtigung. Grünland bindet kontinuierlich viel CO2 aus der Atmosphäre und sollte nicht in Ackerland umgewandelt werden, weil dabei große Mengen an CO2 freigesetzt würden. Eine gewisse Menge an Fleisch und Milchprodukten hat auf dem Speiseplan einer nachhaltigen Ernährung durcha

Essen nach der Ernährungspyramide

Die Ernährungspyramide veranschaulicht gut die von der DGE aus Gesundheitsgründen empfohlene pflanzenbetonte Mischkost. Neben kalorienfreien Getränken können die meisten pflanzlichen Lebensmittel reichlich verzehrt werden. Tierische Lebensmittel stehen weiter oben in der Pyramide und sollten mäßig gegessen werden. Die DGE empfiehlt Erwachsenen pro Woche nicht mehr als 300 bis 600 g Fleisch und Wurst (etwa 2 fettarme Fleischmahlzeiten) [4]. Fette und zuckerreiche Produkte stehen ganz oben und sollten nur sparsam verzehrt werden.

 

Schritt 3: Nachhaltige Landwirtschaft

Eine „Nachhaltige Landwirtschaft“ ist strategisch darauf ausgerichtet, Umweltbelastungen zu vermeiden und die natürlichen Ressourcen zu erhalten. Warum gelingt es dem ökologischen Landbau besonders gut, nachhaltig zu wirtschaften?

Die Landwirtschaft als einer der Akteure innerhalb einer nachhaltigen Ernährung kann zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Eine nachhaltige Landwirtschaft hat sich vor allem diesen vier ökologischen Herausforderungen zu stellen:

  • unerwünschte Einträge in Böden und Gewässer (z. B. Stickstoff, Phosphate, Pflanzenbehandlungsmittel)
  • unerwünschte Bodenerosion
  • Minderung der biologischen Vielfalt
  • Klimabelastung durch fossile Energieträger

Von einer nachhaltigen Landwirtschaft wie etwa im ökologischen Landbau profitieren alle: Klima, Böden, Gewässer, Pflanzen, Tiere und Menschen.

Umwelt schonen, Artenvielfalt erhalten

Der ökologische Landbau – als besondere Form einer nachhaltigen Landwirtschaft – verbraucht im Pflanzenbau die Hälfte [1,2,3] bzw. zwei Drittel [4,5] der Primärenergie gegenüber nicht ökologisch wirtschaftenden Betrieben.

Bezogen auf die gleiche Ertragsmenge verursacht er lediglich drei Viertel [2] bis halb so viele [4] Treibhausgase. Dies bewirkt vor allem der Verzicht auf mineralische Stickstoffdünger, deren Herstellung sehr energieaufwändig [2] ist.

Ökolandbau fördert nachweislich die biologische Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren, was sich positiv auf die natürliche Bodenfruchtbarkeit und die Erosionsneigung auswirkt [1,6]. Auch der Energieeinsatz in der ökologischen Tierhaltung ist geringer [4,7,8].

Dennoch gilt zu beachten: Die Art der Bewirtschaftung kann produktbezogen klimarelevant sein. Die Auswirkungen einer pflanzenbetonten Mischkost gegenüber einseitig fleischbetonter Ernährung sind jedoch größer als die produktbezogenen Auswirkungen.

Faire Wirtschaft

In der Regel bietet der Ökolandbau den Bäuerinnen und Bauern infolge höherer Erlöse eine bessere Existenzsicherung. Und er schafft zusätzliche Arbeitsplätze, durch hohe Arbeitsintensität, Weiterverarbeitung auf dem Hof und Direktvermarktung. 1999 bewirtschafteten in Bayern rund 4.000 Ökobetriebe eine Fläche von rund 60.000 Hektar. Bis 2011 stieg die Anzahl der Biobetriebe auf 6.400, die der bewirtschafteten Ökofläche auf 200.000 Hektar. Insgesamt dagegen sanken die Zahlen der landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern im selben Zeitraum: um 30.000 Betriebe und um etwa 100.000 Hektar [12].

 

Schritt 4: Saisonal und Regional

Seit 1990 haben sich die Lebensmitteltransporte für den deutschen Markt verdoppelt. Durch den Einkauf regional erzeugter und verarbeiteter Produkte und durch den Verzehr saisonaler Produkte können Verbraucher diesen Trend stoppen.

Mit verstärkter Nachfrage nach saisonalen und regionalen Erzeugnissen können Verbraucher unnötige Lebensmitteltransporte vermeiden – global gesehen, aber auch innerhalb Deutschlands.

Saisonale Lebensmittel aus der Region

  • stärken die heimische Landwirtschaft
  • fördern die regionale Wirtschaftskraft
  • sind frisch und stecken voller guter Inhaltsstoffe

Saisonale und regionale Herkunft bevorzugen

Gemüse und Obst aus beheizten Treibhäuern und Folientunneln setzen bis zu 30mal mehr Treibhausgase pro Kilogramm frei als im Freiland angebaute [1]. Wer beim Einkauf saisonale Produkte aus dem Freiland bevorzugt, hilft Schadstoffemissionen zu vermeiden und fossile Energie einzusparen. Statt „alles zu jeder Zeit“ setzen verantwortungsbewusste Verbraucher auf „saisonal und regional“. Der aid-Saisonkalender für Obst und Gemüse erleichtert die tägliche Einkaufsentscheidung.

 

2010 wurden doppelt so viele Transporte für Lebensmittel verzeichnet wie noch 1990. Der LKW wird dabei inzwischen am häufigsten genutzt. Pro transportierter Tonne und Kilometer setzen die verschiedenen Transportmittel diese CO2-Emissionen frei: Hochseeschiff 9 Gramm, Binnenschiff 34 Gramm, Bahn 40 Gramm, LKW 135 Gramm, Flugzeug 2.041 Gramm [2,3].

Mit weitem Abstand ist das Flugzeug das Transportmittel mit den meisten freigesetzten Emissionen. Häufig wird es für den Transport leicht verderblicher Lebensmittel genutzt, wie etwa Erdbeeren oder Spargel im Winter oder exotische Früchte. Diese sollten daher möglichst wenig eingekauft werden.

Regional = transparent

Kurze Wege bedeuten überschaubare Strukturen. Sie schaffen Transparenz und Vertrauen für alle Beteiligten. Unerlaubten Praktiken und Lebensmittelskandalen kann so vorgebeugt werden. Regional und saisonal erzeugte Lebensmittel unterliegen den jahreszeitlichen Schwankungen, die Eintönigkeit vermeiden helfen und dafür Vorfreude aufkommen lassen: Vorfreude auf die Erdbeersaison, die Spargelsaison oder die Apfelernte.

Frisch und ausgereift

Jeder weiß, wie intensiv aromatisch reife, frisch geerntete Tomaten schmecken. Tomaten, die unreif gepflückt und lange transportiert werden, erreichen dieses Aroma bei weitem nicht. Saisonale, regionale Früchte und Gemüse können auf dem Feld ausreifen. Deshalb schmecken sie meist besser und sind reicher an lebensnotwendigen und gesundheitsfördernden Substanzen

 

 

Schritt 5: gering verarbeitete Lebensmittel bevorzugen

Relativ häufig essen wir heutzutage stark verarbeitete Lebensmittel, Snacks und Süßigkeiten mit hohem Anteil an Fett, Zucker und Salz. Das kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Gering verarbeitete Lebensmittel sind frischer, knackiger und ehrlicher.

Gering verarbeitete Lebensmittel sind ein wichtiger Aspekt von nachhaltiger Ernährung. Davon profitieren Gesundheit, Umwelt, Genuss und Geldbeutel.

Tiefkühlpizza, fertige Backmischungen, Snacks – in unserer beschleunigten Lebens- und Arbeitswelt greifen wir heute immer mehr zu stark verarbeiteten Lebensmitteln. Diese haben häufig nicht nur eine hohe Energiedichte bei gleichzeitig wenigen Ballast- und sekundären Pflanzenstoffen. Sie werden zusätzlich durch Farbstoffe aufgepeppt, durch Konservierungsstoffe haltbar und durch Aromen schmackhaft gemacht. Wer öfter zu gering verarbeitetem, frischem Essen greift, schont Umwelt und Geldbeutel und tut sich selbst was Gutes.

Stark verarbeitet heißt mehr Energieverbrauch

Und was mehr Energie verbraucht, verursacht auch mehr Treibhausgase. Industriell getrocknete Apfelringe benötigen im Vergleich zu frischen Äpfeln 26-mal mehr Energie und verursachen, auf das Kilogramm bezogen, 40-mal mehr Treibhausgase [1]. Tiefgekühlte Pommes schlagen mit bis zu 29-mal mehr CO2-Äquivalenten als frische Kartoffeln zu Buche [2]. Wer gering verarbeitete Lebensmittel kauft, spart zusätzlich in seiner persönlichen Bilanz: Er verbraucht weniger Transportkilometer, weniger Verpackungsmaterial und weniger Wasser [3].

Kochen als sinnliches und soziales Erlebnis

Wer sich, seine Familie oder Freunde kulinarisch überraschen möchte, wird wohl kaum ein Fertiggericht auftischen. Frische und natürliche Lebensmittel sind – gut zubereitet – ein sinnlicher wie auch aromatischer Genuss. Wer selbst anfängt zu kochen, schätzt die landwirtschaftlichen Rohprodukte wieder stärker und schult seine Kochkünste. Gemeinsames Kochen in der Familie oder in der Gruppe kann Spaß machen und wird heute zum Glück vermehrt als soziales Erlebnis wahrgenommen.

Natürlich voller guter Stoffe

In gering verarbeiteten Lebensmitteln steckt meist wenig Fett, Zucker und Salz. Dafür mehr an lebensnotwendigen und gesundheitsfördernden Substanzen wie Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.

Zum Beispiel werden bei der industriellen Herstellung von weißem Mehl die vitamin- und mineralstoffreichen Randschichten und der Keimling weitgehend abgetrennt. Beim Vollkornmehl dagegen wird das ganze Korn vermahlen.

 

Schritt 6: Fairness

Unsere Lebensmittelpreise sind vergleichsweise niedrig. Häufig spiegeln sie nicht die tatsächlichen Produktions- und Folgekosten wider. Wie steht es in puncto Fairness um die Latte Macchiato, die wir so gerne trinken?

„Fairplay“ gilt nicht nur im Sport, sondern auch beim Essen. Fair bezahlte und fair gehandelte Lebensmittel sind ein wichtiger Baustein der nachhaltigen Ernährung.

Mein Kaffee kommt aus Tansania,
meine Milch aus Bayern,
der Kakao von der Elfenbeinküste
und der Zucker aus Bayern.

Ich unterstütze mit einer Latte Macciato
mindestens vier Bauernfamilien.
Aber nur, wenn ich fair bezahle.

Unsere deutschen, vergleichsweise niedrigen Lebensmittelpreise spiegeln häufig die tatsächlichen Produktions- und Folgekosten nicht wider. Die Folge: Vor allem kleine und mittlere Landwirte, Verarbeiter und Händler können nicht mehr kostendeckend wirtschaften und müssen aufgeben.

Fair und schonend

Die Produktionsbedingungen für anerkannt fairen Handel schreiben gewisse Mindeststandards vor. Nicht nur bei den Preisen, auch beim Umweltschutz. Landwirte und Verarbeiter müssen Auflagen zum Trinkwasserschutz, zu Wiederaufforstungen, zur Abfallbeseitigung und zum Einsatz von Pestiziden einhalten. Häufig werden Produkte aus fairem Handel zudem in Bio-Qualität produziert, was Umwelt und Menschen zusätzlich schont.

Fair und sozial

Über die tägliche Einkaufsentscheidung stimmt jeder einzelne Verbraucher darüber ab, wie und was produziert wird. Faire Erzeugerpreise unterstützen die kleinen und mittleren Betriebe in Deutschland. Diese sichern Arbeitsplätze in der Region und die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln. Entscheiden sich Verbraucher für fair bezahlte Lebensmittel aus regionaler Herkunft, so tragen sie zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft bei.

Erzeuger von fair gehandelten Produkten in Entwicklungsländern haben sich häufig zu Bauerngenossenschaften zusammengeschlossen. Der Mehrpreis, der im fairen Handel bezahlt wird, setzt sich meist aus einem Mindestpreis und diversen Aufschlägen zusammen. Demokratisch entscheiden die beteiligten Landwirte, wie die Mehreinnahmen aus den Aufschlägen eingesetzt werden: in soziale Projekte, Bildungsmaßnahmen, soziale Absicherungssysteme oder Investitionen in die Infrastruktur. Fairer Handel stärkt das Selbstbewusstsein der Bauern und qualifiziert sie. Ausbeuterische Formen der Kinderarbeit schließt der faire Handel aus.

 

Quellen:

[1] Europäische Kommission: Nachhaltige Energie für Europa. Newsletter, www.sustenergy.org, 2006

[2] Umweltbundesamt: Strommix in Deutschland, www.umweltbundesamt.de, 2009

[3] Umweltbundesamt: Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix 1990-2009, www.umweltbundesamt.de, 2011

[1] International Labour Organisation: About child labour. www.ilo.org, 2009

[2] Transfair: Über Transfair. Kaffee – Wissenswertes. Und: Daten der International Coffee Organisation. www.fairtrade-deutschland.de, 2009

[1] Hoffmann I: Ernährungsempfehlungen und Ernährungsweisen – Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und Gesellschaft, Habilitationsschrift, Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement der Universität Gießen, 2002

[2] GEMIS – Globales Emissions-Modell integrierter Systeme, 4.5, www.gemis.de, 2009

[3] Wiegmann K, Eberle U, Fritsche U, Hünecke K: Umweltauswirkungen von Ernährung – Stoffstromanalysen und Szenarien. BMBF-Forschungsprojekt „Ernährungswende“, Diskussionspapier Nr. 7., Öko-Institut, Darmstadt/Hamburg, 2005

[1] Jungbluth N: Umweltfolgen des Nahrungsmittelkonsums – Beurteilung von Produktmerkmalen auf Grundlage einer modularen Ökobilanz, Verlag dissertation.de, (elektronischer Anhang), Berlin, 2000

[2] Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Verkehr in Zahlen, Berlin, 1992, 1999

[3] Lauber I, Hoffmann I: Gütertransporte im Zusammenhang mit dem Lebensmittelkonsum in Deutschland. Teil II: Umweltwirkungen anhand ausgewählter Indikatoren, Zschr. Ernährungsökologie 2 (3), 187-193, 2001