Essig-sauer macht lustig !
von Iris Lins, Grüne Kosmetikpädagogin
Der Essig erfreut sich großer Beliebtheit: Ob Weißweinessig, Balsamico oder der gute, alte Apfelessig.
Früher war es in ländlichen Gegenden üblich, dass die Menschen ihren eigenen Essig-Ballon mit einer wunderbaren Essigmutter zu Hause hatten. Die Menschen machten sich die gesundheitsfördernde Wirkung von Apfelessig zu Nutze: Er enthält Mineralstoffe wie Phosphor, Magnesium oder Eisen, verschiedene wertvolle Enzyme und Aminosäuren (Eiweißbausteine), einzelne B-Vitamine und lösliche Ballaststoffe. Für manche ist ein tägliches Ritual, ein Glas warmes Wasser mit einem Spritzer Essig zu trinken, und so den Tag zu beginnen. Das bringt den Kreislauf in Schwung und ist eine Wohltat für unsere Verdauung und unser Immunsystem.
LiLaLaune Essig für Kinder
Vielen Anderen ist der Essig wahrscheinlich noch ein Begriff aus Kindertagen, wenn wir Fieber hatten und die Mutter oder die Großmutter mit den mehr oder weniger beliebten „Essigpotscha“ daherkam. Zwei meiner Nichten und Neffen sind große Salat-Liebhaber – kritisch wird es immer gegen Schluss, wenn sie verhandeln, wer denn jetzt die Apfelessig-Marinade austrinken darf. Für Kinder besonders attraktiv ist ein „bunter Essig“: Beispielsweise mit Veilchen oder unbehandelten Stiefmütterchen lässt sich wunderbar ein „LiLaLaune Essig“ zaubern. Aber auch verschiedene Beeren wie schwarze Johannisbeeren oder Himbeeren eignen sich bestens. So ein fruchtiger Essig schmeckt nicht nur hervorragend, sondern ist auch für die Hautpflege bestens geeignet.
Ein uraltes Heil- und Genussmittel
Da Essig eine reinigende und sogar desinfizierende Wirkung hat, wurde er bereits vor Jahrtausenden als „Erste Hilfe Mittel“ in der Versorgung von Wunden eingesetzt: Schürfwunden, Schlangenbisse oder andere Wunden wurden damit behandelt. So gibt es Überlieferungen mehrerer Hochkulturen wie Ägypten, Griechenland oder Babylonien, die die Verwendung der vergorenen Flüssigkeit beschreiben. Nicht nur in der Wundbehandlung, sondern auch als Durstlöscher in Form von Essig-Wasser. Wurden in unserer Region vor allem Äpfel zu Essig vergoren oder in Weinregionen die Trauben, so wurden in diesen Ländern unter anderem auch Gerste oder Feigen zu Essig verarbeitet.
Vinaigre des quatre voleurs – der französische Vier-Räuber-Essig
Um diesen Kräuterauszug mit Essig ranken sich viele Geschichten – auch die Rezepturen sind vielfältig. Tatsache ist, dass man sich früher die desinfizierende Wirkung des Essigs in Kombination mit stark wirksamen Kräutern zunutze machte. Hier die abenteuerlichste Version zur Geschichte des Räuber-Essigs:
Man schrieb das Jahr 1720. In der Gegend um Toulouse und Marseille hatte die Pest das Land fest im Griff und forderte viele Tote. Vier Räuber nutzten die Gelegenheit und machten das Land unsicher: Sie raubten Pestkranke aus und schreckten nicht einmal vor den Leichen zurück. Eines Tages wurden sie erwischt und vor Gericht gestellt. Weil der Umgang mit den Kranken eine riskante Angelegenheit darstellte, versprach man den Dieben Straffreiheit, wenn sie das Geheimnis preisgaben, das es ihnen ermöglichte, trotz der hohen Ansteckungsgefahr, die Pestkranken auszurauben. Für das hohe Gericht ein Mysterium – für die Räuber war die Lösung ein einfaches Hausmittel: ein Kräuteressig mit Wermut, Weinraute, Minze, Salbei, Lavendel, Kampfer usw. Mit ihm sollen sie sich eingerieben und Hände und Kleidung darin gewaschen haben. In ihre Pestmasken gaben sie einen Schwamm, getaucht in die auch „Spitzbubenessig“ genannte Flüssigkeit, um sich so zu schützen. Natürlich wollten sie ihren Hals retten und nannten dem Richter ihr Geheimrezept.
Natürliche Hautpflege
In der Schönheitspflege hat Essig eine lange Tradition: Bereits die schottische Königin Maria Stuart badete in Essig-Wasser. Und auch die österreichische Kaiserin Sisi ließ sich Lavendel-Tonikum mit Essig in die Haare sprühen.
Diese Art der Hautpflege war im alten Rom populär: Für einen
frischen, rosigen Teint wuschen sich die Römerinnen ihr Gesicht mit Kräuteressig – damals allerdings noch in deutlich höheren Essig-Konzentrationen. Sie sahen dadurch zwar „rosig“ aus, die römischen Damen, allerdings war das eher auf die Hautreizung durch den zu hohen Essiggehalt zurückzuführen. Aber was tut Frau nicht alles für die Schönheit …
„Um solchen Hautreizungen entgegenzuwirken, sollte Essig immer verdünnt angewendet werden.
Empfehlenswert ist ein Mischverhältnis von einem Teil Essig zu acht Teilen Wasser.“
Iris Lins, Grüne Kosmetikpädagogin
Kräuteressig – vielseitig anwendbar
Für ein Deo empfehlen sich erfrischende Kräuter wie verschiedene Minzen. Lavendel, Zitronen oder Rosengeranien eignen sich ideal für die Herstellung von Insektensprays um Juckreiz zu stillen. Wollen Sie Ihre Haut etwas in Schwung bringen, dann ist für die reifere Haut beispielsweise Rose fantastisch, generell wohltuend sind aber auch Melisse, Thymian oder Gänseblümchen.
Naturkosmetik mit Essig zum Selbermachen
Im Alltag leicht umzusetzen ist eine Spülung mit Essig nach dem Haare waschen. Mit der Wasser-Essig-Spülung werden letzte Seifenreste ausgewaschen und der Haarboden aktiviert.
Haarspülung mit Rosmarin-Essig
Ein einfaches aber sehr wohltuendes Rezept ist der Rosmarin-Essig. Den Einsatz von Rosmarin kenne ich noch von meinem Großvater, der zwar grundsätzlich eine Glatze hatte, aber seinen Haarflaum hinter den Ohren konsequent mit Rosmarinauszügen einrieb, damit dieser ihm nicht auch noch verloren ging. Für alle die noch ausreichend Haare auf dem Kopf haben: Diese Spülung macht seidig-weiche Haare und fördert die Durchblutung & Regeneration der Kopfhaut.
200 ml Apfelessig
1 Handvoll Rosmarin oder 4 – 6 Triebspitzen
1TL Honig (wahlweise)
Die Rosmarin-Nadeln vom Zweig abzupfen und klein schneiden. Dann beides in ein Glas mit Schraubdeckel füllen und für 14 Tage bei Zimmertemperatur (nicht an der Sonne) stehen lassen. Zum Schluss abseihen, Honig unterrühren und in ein beschriftetes Glas füllen.
Anwendung: 1 Teil Essig mit 8 – 10 Teilen lauwarmem Wasser gut mischen und nach dem Haare waschen als Spülung verwenden.
Rosmarin wirkt aktivierend – er regt unseren Kreislauf an, was gerade bei Menschen mit niedrigem Blutdruck und Erschöpfung hilfreich sein kann. Der Strauch aus dem Süden wirkt sich positiv auf unseren Magen-Darm-Trakt aus und hat auch krampflösende Eigenschaften. In der Badewanne oder als Einreibung/Öl wirkt er durchblutungsfördernd. Mittlerweile gewinnt auch seine stimmungsaufhellende und angstlösende Wirkung mehr an Bedeutung. Deshalb kann dieser Rosmarin-Essig neben der wohltuenden Haarspülung genauso gut im morgendlichen Essigwasser getrunken oder in der Salatmarinade gegessen werden.
Besonders angenehm nach einem langen Tag draußen in der Sonne ist eine Kompresse mit verdünntem Kräuteressig:
Essig für Haut und Haar – die „Was-ich-grad-zur-Hand-habe“ Variante
1 verschließbares Glas (ca. 250 ml)
200 ml Apfelessig
1 Handvoll geschnittene Kräuter (Zitronenmelisse, Rosmarin, Rose, Spitzwegerich, …)
Dafür schneide ich die Kräuter klein, gebe sie in mein Braunglas und lasse sie in der Küche an einem nicht sonnigen Platz für 10 bis 14 Tage ziehen. Danach filtere ich die festen Bestandteile mit einem Sieb heraus und fülle den Essig wieder zurück ins Glas.
Nach einem langen Tag an der Sonne, die zwar eine Wohltat ist, aber unsere Haut doch strapaziert, verdünne ich etwa 10 ml des Essigs mit 80 bis 100 ml kühlem Wasser (natürlich wählst du deine Wassertemperatur so, dass es für DICH angenehm ist.). Dann tauche ich eine Gesichtskompresse in das Essig-Wasser und lege mich damit für 10 bis 15 Minuten unter unseren Kirschbaum in den Schatten. Dazu ist ein Glas Wasser mit einem Esslöffel aromatischem Sauerhonig ein wahrer Durstlöscher!
Noch wichtig zu erwähnen: Wer Hauterkrankungen, offene Hautstellen oder generell eine sehr empfindliche Haut hat, sollte vorher lieber mit einer Fachfrau/einem Fachmann Rücksprache halten.
Quelle: Ländle Produkte